Von Rabat nach Casablanca

In Settat, das eigentlich mein nächstes Etappenziel sein sollte, war partout keine Unterkunft zu finden. Aus diesem Grund musste ich beim Frühstück meinen Plan ändern. Casablanca sollte es nun werden.

Da die Strecke bis Casablanca kürzer war, hatte ich noch Zeit, mich ein wenig in Rabat umzusehen, bevor es Richtung Casablanca ging.

Gestern Abend hatte ich ja schon die Gelegenheit, die Medina von Rabat ausgiebig zu erkunden. Bei Tag ist sowohl die Altstadt, wie auch die übrige Stadt verhältnismäßig ruhig. Zwar ist der Straßenverkehr aus meiner Sicht gewöhnungsbedürftig, doch verglichen mit dem, was mich noch erwarten sollte, eher harmlos.

Auf jeden Fall konnte ich einige Impressionen von der marokkanischen Hauptstadt einfangen.

Insgesamt bietet Rabat dem Besucher einige Sehenswürdigkeiten, die ich allerdings aufgrund der knappen Zeit nicht alle besuchen konnte. Die Stadt steht bei Marokko-Touristen zwar nicht an erster Stelle, ist aber insbesondere wegen der sehenswerten Medina durchaus zu empfehlen.

Auf dem Weg stadtauswärts habe ich noch einen Friedhof passiert, durch dessen seitlichen Zugang man einen schönen Blick auf den Leuchtturm hatte.

Bei den Fotos fiel mir auf, dass teilweise ein leichter Grauschleier zu sehen war. Zuerst hatte ich die Kamera in Verdacht. Aber die Luft über Rabat war tatsächlich etwas ‚dunstig‘. Ursache ist wohl eine Mischung aus Abgasen und dem Dunst, der durch die starke Brandung des Atlantiks landeinwärts geweht wird. Die dazugehörigen imposanten Wellen konnte ich in einem Foto beispielhaft einfangen.

Die heutige Etappe führte mich,wie die gestrige auch, immer der Küstenlinie entlang. Aber etwas war heute anders.

Auf den gesamten knapp einhundert Kilometern der Strecke bis Casablanca lag wenig bis gar kein Müll. Die Straßenränder waren überwiegend gepflegt. Offenbar wird die Verbindung zwischen beiden Städten als Prestigeobjekt angesehen. Das mag auch daran liegen, dass sich ungefähr auf halber Strecke der Landsitz des Königs befindet.

Leider konnte ich nur die Zufahrt von der Seite fotografieren. Ein Bild vom Wachpersonal mit wirklich fantastischen Uniformen wurde mir verwehrt. Trotzdem habe ich dem vermeintlichen Chef einen cycling-4-nature-Aufkleber überreicht mit der Bitte, ihn an den König weiter zu reichen. Mal sehen, ob der König dazu einen Kommentar auf der Website hinterlässt.

Im weiteren Verlauf tauchen immer mehr, bereits fertig gestellte oder im Bau befindliche Ressorts auf. Der Kontrast zu den ‚wenigen einfachen‘ Unterkünften war wieder bemerkenswert.

Und auch Störche sowie Wasservögel fehlten heute natürlich nicht.

Recht bald danach kam die Stadtgrenze von Casablanca. Und damit bracht das Chaos aus.

Wer den Nervenkitzel sucht, dem empfehle ich eine Fahrt mit dem Fahrrad durch die Innenstadt von Casablanca. Fotos gibt es dazu nicht, das war mir schlicht zu riskant.

Gelernt habe ich bei diesem irrsinnigen Ritt durch diese Hölle, dass es hier eine wichtige Verkehrsregel gibt – es gibt keine!

Trotzdem habe ich es überlebt und habe in der Nähe des Place Maréchal Quartier bezogen. Bei einem kleinen Streifzug konnte ich noch ein paar besondere Eindrücke einfangen. Man achte auf die Busse, die in Schieflage, mit klapprigen Blechen und offener Motorhaube, dafür aber nur spärlich, oder gar nicht beleuchtet durch die Nacht fahren.

Nach meiner ersten Einschätzung ist Casablanca ein Moloch. Geführte Touren, bei denen man zu den Sehenswürdigkeiten gebracht wird, mögen noch Freude bereiten. Von Exkursionen auf eigene Faust, rate ich ab!

Die Störche von Kenitra

Kommen wir zum Untertitel dieser Fahrradtour: Störche.

Heute konnte ich nicht nur eine Fülle von Storchennestern sehen und auch fotografieren. Auch eine große Zahl leibhaftiger Störche war zu sehen. Das alles vor und in Kenitra.

Dabei scheinen Störche recht seltsame Wesen zu sein. Denn das Umfeld, in dem die Störche in Kenitra leben, hätte ich nicht unbedingt als ideal angesehen. Denn die Bilder stammen von der RN1, die mitten durch Kenitra führt.

Die Aufklärung könnte ein Feuchtgebiet bringen, das von einem Fluss gespeist wird, der sich vor und durch Kenitra schlängelt. Dort konnte ich auch gleich mehrere Störche fliegen und am Ufer sehen.

Aber auch hier sei erwähnt, dass sich in unmittelbarer Nähe eine Müllkippe befindet, die ich jedoch absichtlich nicht abgelichtet habe, um die Idylle nicht zu zerstören.

Die Küstenstraße nach Rabat

Hatte ich gestern schon von Gegensätzen berichtet, so wurde dieser Eindruck heute bei Weitem getoppt.Da ich heute Rabat erreichen wollte und das Hotel nicht wirklich zum Verweilen einlud, bin ich früh gestartet. Der Weg führte mich zunächst ein Stück auf der RN27 stadtauswärts.

Nach der Auffahrt zur Autobahn entschloss ich mich, wie geplant die Küstenstraße Richtung Kenitra und Rabat zu nehmen. Recht schnell befand ich mich in einer stark landwirtschaftlich genutzten Region, die ich anschließend nahezu einhundertzwanzig Kilometer nicht verlassen sollte.

Und nun begannen die bereits erwähnten Gegensätze. War Larache noch urban geprägt, änderte sich das Erscheinungsbild gravierend. Denn mit der überwiegend maschinell betriebenen Landwirtschaft, wie sie wohl die Meisten kennen, hatte das, was ich auf den kommenden einhundertzwanzig Kilometern erleben durfte, wenig zu tun.

Landwirtschaft ist in dieser Region offenbar immer noch überwiegend Handarbeit.Der lokale Transport von Handwerkzeugen und auch den Erzeugnissen findet mit Pferd- oder Eselskarren statt. Nicht selten wird auch das jeweilige Tier direkt beladen. Auch nicht selten sind Lasten-Motorräder, dreirädrige Gefährte, die zumeist hoch beladen sind.Häufig waren auch ‚geparkte‘ Pferde oder Esel beidseits der Strecke zu beobachten.Wobei man sich um verendete Tiere nicht immer zu kümmern scheint. Mache werden dann halt der Natur (den Vögeln) überlassen.In den kleinen Ortschaften am Wegesrand waren immer wieder kleine Werkstätten zu sehen, in denen abenteuerliche Reparaturen oder Steinmetzarbeiten zumeist unter freiem Himmel durchgeführt wurden.Teilweise wachsen Pflanzen (vielfach Bananen) auch in Folien-Gewächshäusern oder direkt unter Folien heran. In diesem Zusammenhang konnte ich häufig zum Teil stark beschädigte Kunststoff-Folien beobachten, die dann zu Abfall werden.A propos Abfall. Leider gehörte auch das zum Bild, das ich von der heutigen Etappe mitnehme. Müll!

Nicht nur durch die angesprochenen Folien, Müll am Wegesrand war auf der gesamten Tageseappe omnipräsent.Nach meinem Dafürhalten sind größte Anstrengungen notwendig, dieses Problem weltweit in den Griff zu bekommen.Noch mehr Gegensätze? Auch das fand ich bemerkenswert. An einem Punkt der heutigen Strecke war links das Gymnasium und direkt gegenüber ein Holzhändler.Weitere Beispiele waren ein schwunghafter Handel mitten auf einer Kreuzung oder Wohnzelte von Straßenarbeitern direkt neben der Kreuzung.Richtig deutlich habe ich diese Gegensätze jedoch empfunden, als ich zum Ende der einhundertsechzig Kilometer der heutigen Etappe in das Stadtgebiet von Rabat gefahren bin.

Dort standen plötzlich architektonisch ansprechende Gebäude und es fuhr eine hypermoderne Straßenbahn.Und auf dem Weg zu meiner Unterkunft, mitten in der Medina, schlug mir eine überbordende Fülle an Waren entgegen.Auch das Dar Yanis, in dem ich heute übernachte, vervollständigt meinen Eindruck.In Zukunft werde ich für meinen Teil jedenfalls etwas nachdenklich sein, wenn im Supermarkt auf der Verpackung als Erzeugerland ‚Marokko‘ steht.