Bis zu den Baumwollfeldern

Nach dem Start am Morgen lief es besser als gedacht. Der Weg führte nicht, wie anfangs erwartet, parallel zur Autobahn, sondern durch ein nur leicht hügeliges, sehr ansprechendes Gebiet.

Auch die inzwischen obligatorischen Storchennester waren natürlich dabei. Schön anzusehen, dass das erste Nest sogar unter ganz besonderem Schutz stand.

Unter diesen Umständen war die kurze Fahrt nach Cordoba ein Vergnügen.

Eigentlich wollte ich dem freundlichen Fahrradmechaniker von gestern noch einen Besuch abstatten, doch der Titan Biker Shop hatte leider noch nicht geöffnet. So bin ich halt nach einem kurzen Kaffee-Stop los, um der Stadt einen Kurzbesuch abzustatten. Das Ergebnis ist zur besseren Übersicht in einem gesonderten Blogeintrag ‚Cordoba‘ zusammengefasst.

War die Landschaft vor Cordoba mit ‚lieblich‘ noch gut beschrieben, ändert sich das Erscheinungsbild zunächst unmerklich aber im weiteren Verlauf immer stärker. Das Gelände wurde zunächst spürbar flacher und die Vegetation mehr und mehr durch die Landwirtschaft geprägt.

Dabei wäre landwirtschaftliches Idyll sicherlich die falsche Vokabel. Aus meiner Sicht war das eher trist und öde und lohnt einen Besuch nicht.

Einziges ‚Highlight‘ sind die Baumwollfelder weiter im Südwesten, die teilweise bis zum Horizont reichen.

Aber auch hier wurde ich einer Illusion beraubt. Dachte ich bei der Baumwollernte bisher an fröhlich singende Pflückerinnen. So ist die Realität dann doch etwas anders.

Große Erntemaschinen haben die Arbeit übernommen …. die Romantik ist dahin. Einzig die Erntehelfer auf dem Transport-Anhänger scheinen ihren Spaß zu haben.

Ach ja, auch die Wege sind durch das landwirtschaftliche Erzeugnis ‚Baumwolle‘ geprägt. Durch die Baumwollpflanzen und sicherlich auch durch die weitere Verarbeitung sind die Straßenränder fast durchgehend von Baumwollflocken überzogen. Fast so, als hätte es geschneit!

So hat mich die heutige Etappe nach etwas mehr als 160 Kilometern eher unspektakulär bis Los Palacios y Villafranca geführt.

Cordoba

Cordoba liegt am südlichen Rand der Sierra Morena am Fluss Guadalquivir. Cordoba ist nach Sevilla und Granada die drittgrößte Stadt in Andalusien. Interessant ist aber auch, dass Cordoba im 10. Jahrhundert zu den größten Städten in Europa zählte und das mächtige Zentrum eines islamischen Emirats war.

Die römische Brücke über den Guadalquivir, die Mezquita, die Kathedrale und die Synagoge im Jüdischen Viertel sind architektonische Zeitzeugen der langen, wechselvollen und konfliktreichen Geschichte der Stadt.

Eigentlich war die Zeit zu kurz, um Cordoba ausreichend zu erkunden. Es war mir aber möglich, einige Impressionen der Stadt einfangen, um auf diesem Weg einen ersten Eindruck zu vermitteln. Einen Besuch der Stadt, würde ich auf jeden Fall empfehlen. Es muss ja nicht mit dem Fahrrad sein…

Besonders beeindruckend fand ich die römische Brücke Puente Romano, die südlich der Mezquita den Guadalquivir überquert.

Deren Bau wurde zu Zeiten Kaiser Augustus begonnen. Über die Brücke führte die Via Augusta, die über eine Strecke von 1.500 Kilometern die Städte Narbonne und Cádiz verband und die wichtigste Fernverbindungen des römischen Straßennetzes in Spanien darstellte.

Auch einige Impressionen der Moderne vermitteln einen ganz besonderen Blick auf diese im positiven Sinne lebendige Stadt, die ihre Attraktivität eben nicht nur aus der Vergangenheit schöpft.

Eine besondere Begegnung ist mir heute haften geblieben. Wieder einmal ein britisches Paar, dass mich auf meine Reise ansprach. Und wieder das geäußerte Unverständnis über das, was aktuell geschieht.

Über die Berge nach Cordoba

Na ja, fast. Aber dazu später mehr!

Am Morgen wurde ich beim Verlassen des Ortes Brazatortas von einem fantastischen Vogelkonzert begleitet. Kurz darauf kreuzte ein Fuchs direkt vor mir den Weg. Dazu schien die Sonne.

Doch das alles tröstete mich nicht darüber hinweg, dass vor mir zunächst dreihundert Höhenmeter lagen, die zu bewältigen waren …. zunächst. Denn es sollten noch viele hinzu kommen.

Auf dem Weg zum ersten Pass konnte ich noch eine Gruppe Gänsegeier beobachten. Und die obligatorischen Storchennester waren ebenfalls wieder dabei.

Nach dem ersten Pass auf ca. 900m Höhe änderte sich die Landschaft unmittelbar. Aus den steppenartigen Weiten wurden ausgedehnte Wälder aus Stieleichen und Nadelbäumen – die Sierra Madrona.

Übrigens führten nahezu alle Flüsse und Bäche, die ich in den vergangenen zwei Tagen überquert habe, kein Wasser. Trotzdem ist das üppige Grün der Wälder bemerkenswert.

Zu den dreihundert Höhenmetern kamen jedoch immer mehr, denn die Sierra Madrona ist eine Gebirgskette, die fast bis nach Cordoba reicht. Das war dann doch anstrengender als gedacht.

Aber ich war nicht allein. Denn irgendwo auf den vielen Anstiegen und Abfahrten traf ich Brian aus Großbritannien.

Brian ist ebenfalls im Rahmen eines Hilfsprojektes unterwegs. Er sammelt auf dem Weg von Biarritz nach Malaga Spenden für ein Krebs-Projekt, u.a. auch deshalb, weil er vor drei Jahren ebenfalls von dieser Krankheit betroffen war.

Brian meinte ‚do you know, that the 2nd most hilly country in europe ist Spain‘. Wie Recht er hat, das durfte ich in den vergangenen drei Tagen erfahren.

Wir sind noch ein Stück gemeinsam gefahren und haben uns über die aktuellen Verrücktheiten dieser Welt unterhalten (ja, auch den Brexit), bis Brian abgebiegen musste.

Die gut zu fahrende Landstraße endete dann irgendwann (wie so oft) und wurde als Autobahn weitergeführt. Die sind natürlich für Fahrräder gesperrt.

Als Fahrradfahrer ist man dann gezwungen, alternative Strecken zu finden. Und dann befindet mal sich allzu häufig auf Schotterwegen. So auch diesmal.

Dazu, wie es ist, mit dem Fahrrad quer durch Europa zu fahren, wird es noch einen gesonderten Blogeintrag geben. Daran arbeite ich noch.

Das aber hat auf Dauer Folgen. Und so hat mich das Schicksal ca. 25 Kilometer vor Cordoba ereilt.

Ein Reifenplatzer am Hinterrad. Da war nach nur 110 Kilometern an eine Weiterfahrt nicht mehr zu denken. Und das bei weit über dreißig Grad auf der Landstraße.

Doch ich hatte Glück im Unglück und wurde von dem Fahrer eines Hotels in Villafranca de Cordoba aufgelesen. Anschließend fand ich in Cordoba im Titan Biker Shop den besten Fahrradmechaniker von ganz Spanien …… ¡Muchas gracias!


Mal schauen,wie es morgen weitergeht. Es ist insgesamt ein tolles Erlebnis, aber halt auch ein Abenteuer.